Dienstag, 9. Dezember 2014

Der alte Freiherr hat Hufrehe!


Hallo allerseits, an dieser Stelle möchte sich auch mal ein alter Veteran zu Wort melden. Hoffentlich findet ihr das, was ich euch zu erzählen habe, genauso spannend wie die Geschichten von all den Jungspunden…;-)

Erstmal zu mir. Ich bin der alte Freiherr, ein Hannoveraner Wallach edelster Güte und 28 Jahre alt. Jahrelang war ich auf allen kleineren und auch etwas größeren Turnierplätzen der Republik unterwegs und sprang über alles, was mindestens 1,40 m hoch war… bis ich Rentner wurde. Das war schon vor einigen Jahren und ich glaube, das habe ich mir auch redlich verdient. Seitdem kümmere ich mich um die bereits oben erwähnten Jungspunde und bringe ihnen erstmal ein paar Manieren bei. Macht ja sonst keiner. Verhätschelt und vertätschelt werden sie, die kleinen Pferdemädchen und Pferde Jungs. Die Körper schon hochgewachsen und kräftig, im Kopf nur Flausen und mal was einstecken können sie auch nicht mehr. Immer ist sofort jemand da, der den kleinsten Kratzer, den man sich beim Kräftemessen nun einmal holen kann, einschmiert und den Kleinen tröstet. Pfff… so was gab es bei uns damals nicht. Aber gut, so sind die Zeiten heute nun mal. Es macht mir ja auch wirklich einen Heidenspaß mit ihnen zusammen zu sein. Der große Onkel bin ich für sie. Und was habe ich ihnen schon alles beigebracht. Richtig flirten zum Beispiel. Das hatte meine Generation noch viel besser drauf. Heute rennen sie den großen schlanken Pferdemädchen mit dem edlen Stammbaum ja nur so hinterher, und heulen mir dann die Ohren voll, wenn sie einen Korb, naja – eher einen Tritt bekommen...

Aber genug jetzt – erzählen möchte ich von etwas anderem. Kurz nachdem ich in Rente ging und mein Leben auf der Weide verbrachte, fingen die Zipperlein an. Geritten wurde ich nur noch selten, mal ein kleiner Ausflug in den Wald, das war‘s. Aber ich hatte die großen Weiden und Wiesen unter meinen Hufen und ich war der Hausherr, also eigentlich genug Bewegung für einen Rentner. So ganz gut waren meine Knochen sowieso nicht mehr. Aber eines Tages, von jetzt auf gleich, haute es mich total um. Ich hatte wahnsinnige Schmerzen in den Beinen und in meinen Vorderhufen und konnte meine Box am Morgen überhaupt nicht verlassen. Nix ging mehr. Ich legte mich ins Stroh und war wie betäubt von den Schmerzen. So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Einige der jungen Hüpfer, die morgens immer als erstes aus dem Stall rennen und mich dann triumphierend angucken wenn ich langsamer bin, kamen zurück um nach mir zu schauen. All das habe ich gar nicht richtig registriert!

Dann ging alles ganz schnell. Der Tierarzt kam und sagte: massive Hufrehe, ob wir den noch durchbringen??? Ich spürte diese vielen Fragezeichen förmlich!! Sofort bekam ich viele Medikamente, Pülverchen und Infusionen. Na, immerhin versuchten sie wenigstens, mich durchzubringen…entschuldigt meinen Galgenhumor – aber wer einmal durch diese Hölle gegangen ist, die Hufrehe heißt, wird mich verstehen. 

Zu meinem Schrecken wurde mir auch mein Hafer komplett gestrichen. Das hatte ich bestimmt dem neuen Futtermeister zu „verdanken“, der macht immer mal so komische neue Sachen, das war mir schon vor einigen Wochen mal aufgefallen. Egal, Appetit hatte ich sowieso nicht, aber mir ging’s hier ums Prinzip. Meinen Hafer habe ich schließlich schon immer bekommen. Zur Strafe ignorierte ich den jungen Mann ein paar Tage. Durch die ganzen Medikamente ging es mir tatsächlich ein wenig besser, die Schmerzen ließen nach aber ich fühlte mich noch immer matt und schwach. So vergingen ein paar Wochen in denen ich durch Hochs und Tiefs ging. Mal war es besser, dass ich sogar auf ein eigens für mich abgetrenntes Stück Weide durfte, dann ging wieder gar nichts und die Schmerzen kamen wieder. Meine Füße fühlten sich auch immer wieder ganz heiß an.

Meine Krippe war abends immer noch leer. Das kam ja noch dazu. Alles um mich herum mampfte genüsslich nur ich starrte ins Leere. Goliath, mein Kumpel rechts neben mir in der Box hatte Mitleid und ließ immer Mal ein paar Haferkörner aus seinem Maul in meine Box krümeln. Lieb gemeint aber was sind schon ein paar einzelne Körnchen?

Aber dann Freunde, ging es plötzlich steil bergauf mit mir. Es fing damit an, dass ich abends wieder etwas in meine Krippe bekam. Ich staunte nicht schlecht, als mir Gregor, der Futtermeister, einen Eimer mit einer ganz exotisch anmutenden Mischung in meine Krippe schüttete. Aber vorher gab es noch etwas anderes für mich. Er hielt mir seine Hand hin und ich vermutete, dass er ein Stück Brot oder einen Apfel für mich hatte. Ich irrte mich, es waren kleine weiße Kügelchen, man sagt auch Globuli dazu (ich bin mittlerweile etwas bewandert in dieser Richtung…;-)), die er mir vor die Nase hielt. Ganz viele! Was soll ich denn damit??? Fragend schaute ich ihn an. Er lachte und steckte sie mir kurzerhand einfach unter meine Lippen. Schlitzohr – aber das machte er schon richtig so. Hätte ich doch nie probiert sowas. Mit 28 Jahren irgendwelche neumodischen Kügelchen fressen – der alte Freiherr doch nicht! Gregor gab mir die Globuli 2 x täglich.

Das Beste aber waren die Sachen in meiner Krippe. Kräuter für Pferde bei Hufrehe und das Nehls Pferdefutter Rehe wie Gregor jedem erzählte, der fragte. Und viele fragten, denn mir ging es von Tag zu Tag besser. Die Schmerzen wurden weniger, das Laufen tat nicht mehr so weh und ich fühlte mich wieder viel besser. Jeden Abend freute ich mich auf meine gefüllte Krippe. Ich schaute mal genauer ins Regal und da standen die Tütchen von Frau Nehls für mich, meinen Namen hatte Gregor extra dick darauf geschrieben. Eine geile Mischung!! Upps, sorry für diese Ausdrucksweise, ist nicht meine Art aber ich bin so glücklich Leute, dass ich jedem von Euch nur wünschen kann, einen Gregor als Futtermeister zu haben. Oder zu Frau Nehls zu gehen. Die würde ich auch mal wirklich gerne persönlich kennenlernen, da würde ich nochmal meinen ganzen Charme ausprobieren….;-)

Gut gelaunte Grüße vom alten stolzen Freiherrn!
Bleibt sauber!

P.S.: Die Medikamente verschwanden irgendwann aus meiner Krippe, die Kräuter bekomme ich jedoch weiter, damit ich auch weiterhin so gut zu Fuß bleibe. Gregor und ich sind jetzt ziemlich beste Freunde und ich bin fast so schnell wie früher… und natürlich immer noch Chef der Weiden!

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